Kasalla

Einem (TV-) Millionenpublikum mag der rheinische Kraftausdruck »Kasalla« (= Ärger, Krawall) erstmals im Programm von RTL in seiner ganzen Pracht aus dem Munde des mitteilungsfreudigen Ex-Fußball- Profis Thorsten Legat im Dickicht des australischen Urwalds zu Ohren gekommen sein. Für Musikfans landauf, flussab ist die seit Jahren erste und einzige Begriffs-Assoziation: Kölns beliebteste und erfolgreichste Mundart-Band. Ein Status, den Kasalla sechs Jahre nach ihrer Gründung mittlerweile unangefochten einnehmen. Die spektakuläre Leistung kommt dabei einem musikalischen Durchmarsch von der Kreisklasse in die Champions League gleich – denn was außerhalb der Dommetropole kaum einem Musikinteressierten bekannt ist: die musikalische Konkurrenz ist in Köln weit größer und intensiver als in jeder anderen deutschen Großstadt.

»Es gibt in Köln Dutzende Bands, die Mundart spielen und davon leben können, das glaubt einem ja anderswo keiner, wenn man das erzählt«, wundert sich Sänger und Songwriter Bastian Campmann, der Kasalla 2011 zusammen mit Ex-Peilomat-Gitarrist Flo Peil ins Leben rief. Und fürwahr: eine derart lebendige, aktive und wirtschaftlich erfolgreiche Mundart-Szene im Grenzbereich zu Rock und Pop ist in anderen bundesdeutschen Ballungsräumen kaum vorstellbar. Ein Phänomen, das ohne Karneval allerdings auch nicht möglich wäre. Campmann und Peil fiel die Entscheidung, nach jahrelangen Erfahrungen im Bereich Rock bzw. Punkrock eine Band mit stark lokalem, inhaltlichen Bezug zu gründen, nicht weiter schwer: Bastians Vater war sein Leben lang eine feste Größe in der Musikszene der Domstadt, Flo schrieb bereits u.a. Songs für die kölschen Legenden Bläck Fööss.

Was es allerdings tatsächlich bedeutet, Mitglied einer Band zu sein, deren Musik fester Bestandteil im Repertoire der fünften Jahreszeit ist, vermag man sich anderorts kaum vorstellen. »Während der Karnevalszeit spielt man innerhalb von nur sechs Wochen zweihundert (!) Mal, das sind ca. zehn Auftritte pro Tag«, skizziert Bastian Campmann das Arbeitspensum zwischen Anfang Januar und Mitte Februar, »damit erreicht man allerdings auch unglaublich viele Leute«. Ein Kraftakt, der sich nachweislich auszahlt. Kasalla zählen (u.a. aufgrund des durchschlagenden Erfolgs ihres allerersten Songs »Pirate«, der zu einem der meistgespielten Songs der Karnevalssession 2011/2012 wurde) nicht nur während des Karnevals zu den meistgebuchten Acts – das komplette Jahr hindurch geben die fünf Musiker im Umkreis von hundert Kilometern jedes Wochenende (ausverkaufte) Konzerte. 

Das bislang alles überragende Live-Großereignis fand allerdings am 9. und 10. September 2016  statt anlässlich des fünften Band-Geburtstages. Der erste Termin in der 12.500 Zuschauer fassenden LANXESS-Arena, in der größten Halle der Stadt, war ratzfatz ausverkauft, so dass Campmann und Co. ebendort einen zweiten Termin ansetzen mussten. Letztendlich feierten an beiden Tagen 26.000 (!) Fans mit der Band – und den musikalischen Ehrengästen Gentleman, Carolin Kebekus und von Brücken. Sensationelle Zahlen, die sich selbst in einer vom Lokalpatriotismus geprägten Stadt wie Köln alles Dagewesene übertreffen.

Doch auch im restlichen Bundesgebiet hat sich das Quintett in den vergangenen drei Jahren zu einem veritablen Zuschauermagneten entwickelt. Nachdem die Kölner bei ihrem ersten »Ausflug nach weiter weg« noch in kleinen Clubs und Kneipen vor 100 bis 200 Zuschauern in München, Berlin (Privatclub) und Hamburg auftraten, kratzte die Band im Frühling 2016 im Rahmen ihrer Deutschlandtour, die sie u.a. nach Berlin, Leipzig, München, Bielefeld, Koblenz und Hamburg führte, nicht selten an der Tausender-Kapazitätsgrenze. Dass es sich dabei nicht (mehr) nur um versprengte Exil-Kölner handeln kann, liegt auf der Hand. »Es gibt natürlich überall rheinländische Enklaven«, sagt Bastian Campmann, »aber es hat sich so entwickelt, dass mittlerweile sechzig, siebzig Prozent der Leute nicht mit dem Rheinland verbandelt sind. Warum das so ist, weiß ich auch nicht, aber ich finde es natürlich geil.« Auftritte in TV- Sendungen wie Ina Müllers ARD-Late-Night-Show »Inas Nacht« trugen mit Sicherheit zum überregionalen Kasalla-Boom bei.

Am 8. September 2017 erschien mit »Mer Sin Eins« (in einer Starwatch TV Kooperation) das vierte Studioalbum der Band. Es ist der Follow-Up zum Longplayer »Stadt met K«, der im Februar 2015 erschien und Platz zwölf der Offiziellen Deutschen Charts erreichte. Die Mission ist auch diesmal klar. »Wir möchten den Menschen zeigen, dass der Dialekt keine Einschränkung der Musik auf Ufftata aufzwingt – sondern die Möglichkeiten Musik zu machen noch erweitert«, so Gitarrist Flo Peil.

»Mer Sin Eins« ist das dabei bis dato längste und umfangreichste Werk – stolze achtzehn Songs umfasst das Tracklisting. »Mehr passt nicht auf eine CD«, schmunzelt Basti Campmann. Der Grund ist durchaus naheliegend. »Wir haben in den letzten zwei Jahren intensiv gearbeitet und wollten so viele Songs wie möglich auf das Album packen.« Wie bereits bei den Vorgängern steht auch bei »Mer Sin Eins« einmal mehr die musikalische Vielfalt im Fokus. Souverän und mit spielerischer Leichtigkeit bewegt sich die Band zwischen den Genres Chanson, Folk, Elektro und Funk. »Unser Kerngeschäft ist und bleibt aber natürlich auch bei dieser Platte Rock«, betont Keyboarder Ena Schwiers. Und natürlich die kölsche Sprache. Der Dialekt. Der ist der rote Faden, der alles zusammenhält.

Nach dem Release-Konzert im ausverkauften Tanzbrunnen Anfang September  2017 ging es dann im folgenden Herbst durch die Republik und erstmals auch in die Schweiz und Österreich. Insgesamt neunzehn Stationen standen auf dem Reiseplan. »Wir sind sehr gespannt, wir spielen in vielen Städten, die wir noch nie besucht haben«, so Bassist Sebi Wagner.

Dass die Band in zunehmendem Maße vor Publikum spielt, das den Texten nicht vollumfänglich zu folgen im Stande ist, sieht Sänger Basti Campmann wenig problematisch. »Ich bin mir auch nicht sicher, dass alle 25- bis 30-jährigen alles verstehen, wenn ein Englisch sprachiger Act zu Gast ist, von den 40-jährigen mal ganz zu schweigen«, mutmaßt er. »Und schließlich es gab ja auch schon mal rumänische Nummer-Eins-Hits. Musik definiert sich nicht nur immer über das Verständnis des Textes. Natürlich ist es hilfreich, aber ich denke mal, dass ein hochdeutsch sprechender Mensch wenigstens Teile des Textes und die wichtigen Aussagen im Refrain versteht.«

Anfragen nach Übersetzungen der Texte, die Campmann zusammen mit Flo Peil verfasst, werden tatsächlich wesentlich seltener an die Band herangetragen als man vermuten möchte. »Eigentlich wird nur ab und zu einmal nach einzelnen Worten gefragt, die nicht verstanden werden«, bestätigt Campmann, »aber wir haben auch schon einmal einen kompletten Song ins Hochdeutsche übersetzt. Doch die Anfragen halten sich wirklich sehr in Grenzen.«

Eine gewisse musikalische Seelenverwandtschaft verspüren Kasalla aktuell zu ihren oberbayerischen Kollegen von LaBrassBanda, deren bundesweiter Erfolg in den vergangenen Jahren zeigt, was man mit Mundart so alles erreichen kann. »Musikalisch ist das natürlich ein bisschen was anderes, wir sind ja im Grunde eine Rockband. Aber prinzipiell ist das schon irgendwie dasselbe Phänomen, dass Mundart wieder funktioniert. LaBrassBanda sind riesig, sie spielen große Stadien und Arenen und ich bin mir nicht sicher, ob überhaupt alle Bayern verstehen, was der Kollege da singt«, schmunzelt Campmann.

Kasalla
Video abspielen

Weitere exklusive Künstlervorschläge

Allgemeine Künstlervorschläge

Interesse? Schreiben Sie uns!

Ihnen gefällt dieser Künstler? Dann teilen Sie doch diese Seite um auch andere auf diesen Künstler aufmerksam zu machen.